Wer zahlt schon gerne mehr, als er muss? In Gräfelfing hat sich ein Stromkunde mehr oder weniger bewusst über eine zu niedrig bezifferte Schlussrechnung gefreut. Als sein Energielieferant nun an ihn herantrat, ihm eine korrigierte Rechnung zusandte und die Differenz von 868,50 Euro einziehen wollte, ging die Sache vor Gericht (Az.: 264 C 3597/17).
Der vorliegende Fall
Der Beklagte war seit 27.10.2008 Stromkunde und zahlte entsprechend seine monatlichen Abschläge. Nach rund fünf Jahren, zum 30.11.2013, kündigte er die Strombelieferung und erhielt am 07.01.2014 seine Schlussrechnung ohne Vorbehalt. Auf der Rechnung war die Nachzahlung von 12,85 Euro zu finden, welche auch bezahlt wurde.
Grundlegend dafür war die Berechnung von 849 kWh, welche im Zeitraum vom 28.10.2012 und 30.06.2013 entstanden sein sollen. Der Nettopreis betrug 217,72 Euro abzüglich der bis dato gezahlten Abschläge.
Am 08.03.2016 folgte vom Stromlieferanten, der Klägerin, eine Rechnungskorrektur, in dem 868,50 Euro Nachzahlung gefordert wurden. Darauf war auch der korrigierte Endzählerstand von 29.824 kWh, welcher auf den 30.11.2013 datiert wurde sowie, ebenfalls korrigiert, 3.695 kWh für den Zeitraum vom 28.10.2012 bis 30.06.2013. Dabei kamen 947,55 Euro heraus. Grundlage hierfür war der vom Beklagten selbst übermittelte Zählerstand.
Der Stromkunde hingegen sah sich zu diesem Zeitpunkt nicht in der Verpflichtung, die Rechnung zu bezahlen und verweigerte dies erst einmal. Seiner Auffassung nach hätte dafür eine Anfechtung der ursprünglichen Rechnung stattfinden müssen. Außerdem bezog er sich auf die Verwirkung der Geltendmachung.
Amtsgericht München urteilt zugunsten des Stromanbieters
Der Fall wurde vor dem AG München verhandelt und ging zugunsten der Klägerin aus. Das bedeutet, dass der ehemalige Stromkunde nun den Betrag von 868,50 Euro der korrigierten Abschlussrechnung nachzahlen muss.
Die Begründung für die nachträgliche Zahlung seitens des ehemaligen Stromkunden ist, dass es sich bei der zu niedrigen Stromrechnung um „eine Wissenserklärung ohne rechtsgeschäftlichen Erklärungswert“ handelt.
Das bedeutet, dass es nicht möglich ist, die erstellte Rechnung als endgültige Abrechnung zu sehen. Dahingehend greife auch nicht § 242 BGB, sodass man auf eine Verwirkung hätte plädieren können. Dafür sei es nötig, dass es einen Zeit- und Umstandsmoment geben würde, wodurch der Beklagte die Erwartung hätte haben können, dass der Stromlieferant nicht mehr auf sein Recht pochen würde. Zudem liegt die Verjährungsfrist, auf die sich der Beklagte beziehen wollte, bei drei Jahren.
In dem hier beschriebenen Fall lagen zwischen der Abschlussrechnung und deren Korrektur zwei Jahre und zwei Monate. Somit liegt keine Verjährung vor. In dieser Zeit müsse man, so das AG München, davon ausgehen, dass es noch zu einer Rechnungskorrektur bzw. Nachforderung hätte kommen können.
Was bedeutet das Urteil weiterhin?
Kunden, die davon ausgehen können, dass ihre Rechnung nicht richtig ist, sollten dies lieber sofort klären. Andernfalls kann es in einem unpassenden Moment zu einer unangenehmen Überraschung kommen, solange keine drei Jahre vergangen sind.
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