Wann eine Großbaustelle zur Mietminderung berechtigt

Es kann immer vorkommen, dass aus Ihrer ruhigen Wohngegend ein Ort der Unruhe wird. Neben neuen Nachbarn, die keine Rücksicht kennen, kann es auch passieren, dass beispielsweise ein neues Haus gebaut wird oder Ihr bzw. ein Nachbarhaus saniert wird. Solche Großbaustellen sind nicht von heute auf morgen wieder weg. Sie rauben vor allem ruhebedürftigen Menschen den letzten Nerv, weil diese sich in ihrer eigenen Wohnung nicht mehr wohlfühlen, selbst wenn sich die Baustelle „nur Gegenüber“ befindet.

In so einem Fall lohnt es sich, seine Möglichkeiten hinsichtlich einer Mietminderung auszuschöpfen, denn den Lärm müssen Sie nicht unbedingt kommentarlos hinnehmen. Doch um die Miete erfolgreich mindern zu können, müssen einige Voraussetzungen erfüllt werden. Über diese, und auf was Sie achten müssen, wenn Sie eine Mietminderung anstreben, möchten wir Sie informieren.

Der Vermieter muss Kenntnis besitzen

Das Landgericht Berlin setzte sich erst kürzlich mit der Frage auseinander, weil ein Mieter nicht mehr einsah, die volle Miete zu zahlen. In seinem Fall hatte er 2010 seine Wohnung bezogen, wurde aber nicht darüber informiert, dass 2014 der Bau von 217 Wohnungen in seiner direkten Nachbarschaft anstand. Sein Vermieter wusste von diesen Baumaßnahmen allerdings schon vor seinem Einzug.

Der Mieter klagte daraufhin 30 Prozent Mietminderung wegen der daraus entstandenen Schmutz- und Lärmbelästigung ein.

Das Urteil

30 Prozent wurden dem Mieter bzw. Kläger nicht zugesprochen. Das Landgericht Berlin sah in seinem Urteil 15 Prozent als angemessene Mietminderung an, da die Bauarbeiten sich über sechs Monaten hinzogen (Az.: 18 S 211/16).

Die Begründung hierfür war, dass das Mieters-Minderungsrecht nicht in Abhängigkeit stehen kann, ob der Vermieter einen Ausgleich von dem Verursacher der Baustelle verlangen kann. Es sei demnach getrennt voneinander zu betrachten. Der Vermieter hätte die Pflicht gehabt, den Mieter über die Baumaßnahmen zu unterrichten, da diese durchaus Auswirkungen auf die Miethöhe gehabt hätten.

Wissenswertes zur Mietminderung

Grundsätzlich ist zu wissen:

  • Die Mietminderung orientiert sich an der Bruttomiete inklusive aller Betriebskosten.
  • Der Mangel muss erheblich und darf nicht selbst verursacht sein.
  • Ist die Minderung unberechtigt, kann die fristlose Kündigung drohen – ebenso, wenn sie zu hoch angesetzt wurde, weil folglich ein Zahlungsverzug entsteht (zwei aufeinanderfolgende Termine, wodurch eine Miete bzw. zwei Mieten über einen längeren Zeitraum entstehen).
  • Auf keinen Fall kann die Miete einfach so gekürzt werden – der Vermieter muss vorher über den Mangel informiert werden. Diese Information ist auch deswegen wichtig, weil der Mieter haftbar gemacht werden kann, wenn der Schaden durch die verzögerte Meldung größer wird.
  • Der Vermieter sollte schriftlich benachrichtigt werden – und es sollte eine angemessene Frist gegeben werden, in welcher der Mangel zu beheben ist. Diese Frist richtet sich nach dem Schaden.
  • Die Mängel müssen beweisbar sein. Dafür können Fotos, Videos und/oder ein Lärmprotokoll angefertigt werden. Auch Zeugen oder ein Sachverständiger sind ratsam. Umso mehr Sie haben, desto besser ist es im Zweifelsfall.

Mietminderungstabellen im Internet sollten auf keinen Fall als Maßstab, allerhöchstens als grobe Orientierung, verwendet werden, denn die Richtersprüche sind Einzelfallentscheidungen, die im persönlichen Fall ganz anders ausfallen kann.

Möglich ist es auch, dass der Mieter einen Handwerker beauftragt und die Kosten an den Vermieter weiterleitet oder sie mit der nächsten Miete verrechnet. Doch hierbei sollte man vorsichtig sein, denn viele Vermieter erhalten bei ihren Handwerkerfirmen bessere Preise, sodass es sein könnte, dass dieser sich weigert, die Kosten zu übernehmen. Die Folge: ein Gerichtsstreit.

Sollten Sie eine Mietminderung anstreben, empfehlen wir Ihnen sich rechtlichen Beistand zu holen, bevor Sie die ersten Schritte einleiten. Gerne können Sie uns hierfür ansprechen. Unsere Fachanwalt Herr Felix Arthur Goehl steht Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite.


Haben Sie Fragen? Kontaktieren Sie uns!
Telefon: 07835 - 54740
E-Mail: info@ra-scheid.de

zur Übersicht