Diesel-Abgasskandal: OLG Koblenz lehnt Klage ab
Es ist einer der Skandale der Autoindustrie: Mehrere Autokonzerne sollen sich hinsichtlich ihrer Abgastechnik abgesprochen haben. Es wurden Abgas-Grenzwerte so manipuliert, dass diverse Motoren diese zwar offiziell einhielten, die Realität auf der Straße allerdings ganz anders aussah. Das führt nicht nur zu einer höheren Umweltbelastung als bisher angenommen, sondern es kann auch zu vermehrten gesundheitlichen Beeinträchtigungen kommen, deren Ausmaße nicht ausreichend überprüft und eingestuft werden konnten.
Das Oberlandesgericht Koblenz musste sich nun mit einer Klägerin auseinandersetzen, die ein solches Fahrzeug erworben hatte und die Verkäuferin, eine Volkswagen-Vertragshändlerin, zur Widerrufszusage bewegen wollte. Es ist das erste Urteil zum Diesel-Abgasskandal (Az. 1 U 302/17).
Volkswagen-Käuferin zieht gegen Vertragshändlerin vor Gericht
Die Klägerin hatte bei einer Volkswagen-Vertragshändlerin einen Neuwagen gekauft und den Kaufvertrag am 08.07.2014 rechtskräftig unterschrieben. Das VW-Modell „Tiguan Sport & Style mit "BlueMotion"-Technik“ ist mit einem „EA 189“-Dieselmotor ausgestattet, welcher zu den Motoren des Abgas-Skandals gehört, deren Werte manipuliert wurden.
Als die Käuferin bzw. Klägerin davon erfuhr, erhob sie Einspruch gegen den Kaufvertrag aufgrund arglistiger Täuschung und forderte die Rückzahlung des Kaufpreises zuzüglich der bisher geleisteten Kraftfahrzeugsteuer sowie Kfz-Haftpflicht- und Kaskoversicherungsbeiträge. Der Streitwert betrug rund 40.000 Euro.
OLG Koblenz fällt Urteil: Vertragshändlerin nicht in der Schuld
Schon die erste Klage wurde durch eine untere Instanz abgewiesen, aber weil sich die Klägerin nicht unterkriegen lassen wollte, ging sie in Berufung. Auch in der zweiten Instanz hatte sie keinen Erfolg damit, den Kaufvertrag ihres VW Tiguan anzufechten. Die Begründung des OLG Koblenz lautet folgend:
Sowohl die Klägerin als auch die Beklagte hatten zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht die Kenntnis darüber, dass der Dieselmotor „EA 189“ mit gefälschten Werten ausgeliefert wurde. Das Wissen erlangten beide Parteien erst 2015 durch die Presse.
Die Täuschung geht zwar zulasten der Volkswagen AG, allerdings ist die Vertragshändlerin, gegen die sich die Klage richtete, eine „eigenständige juristische Person“ und lastet sich das wirtschaftliche Risiko auf die Schultern, wenn sie Waren verkauft. Aus diesem Grund sei sie dafür nicht in die Verantwortung zu ziehen – vor allem dann nicht, wenn nichts über Etwaige Mängel bekannt ist.
Ein Beispiel: der Kauf einer Wandfarbe im Baumarkt. Wer einen Eimer kauft und zu Hause feststellt, dass die Farbe nicht dem entspricht, was der Hersteller versprochen hat, kann nicht den Baumarkt dafür in die Verantwortung ziehen.
Klagegrund entscheidend
Die Klägerin hatte der Vertragshändlerin ihren Vertrag wegen arglistiger Täuschung rückgängig machen wollen. Da allerdings keine schuldhafte Pflichtverletzung oder Ähnliches seitens der Vertragshändlerin vorliegt, besteht kein Anspruch auf Schadenersatz.
Derzeit sind noch tausende Klagen in Vorbereitung. Es gibt drei Berufungsverfahren am OLG Koblenz. Wie diese ausgehen, bleibt abzuwarten.
Anders hätte es ausgesehen, wenn die Klage wegen einer Mängelhaftung nach Gewährleistungsrecht erhoben worden wäre, denn in diesem Fall sind die Erfolgsaussichten um einiges höher – das Verfahren aber auch aufwendiger und kostspieliger.
Da die Klage aber nicht hierauf bezogen aufgebaut worden war, muss sich die Klägerin nun mit einer Niederlage abfinden.
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